Jahrelang war B2B-Content-Marketing ein verlässlicher Motor: In SEO investieren, relevante Rankings erzielen, organische Sichtbarkeit aufbauen und Leads generieren. Dieser Mechanismus, der für viele Marketing-Teams zur zentralen Wachstumslogik wurde, verliert spürbar an Zuverlässigkeit.
Der Grund ist die Integration generativer KI-Modelle in die Informationssuche. Ob direkt in Googles Suchergebnissen oder über dedizierte Tools wie Perplexity und ChatGPT – die Systeme liefern Antworten über den klassischen blauen Links oder gleich ganz außerhalb des vertrauten Google-Spektrums.
Für Entscheider:innen im Marketing und Vertrieb wirft dies eine fundamentale strategische Frage auf: „Was passiert mit dem Wert unserer Content-Investments, wenn der Klick auf die eigene Webseite nicht mehr zwingend notwendig ist?“
Analysen deuten bereits darauf hin, dass dies kein temporäres Phänomen ist. Gartner prognostiziert, dass das Volumen traditioneller Suchmaschinen bis 2026 um 25 % zurückgehen wird¹. Eine Prognose, die wir angesichts der Geschwindigkeit, in der sich unser Suchverhalten verändert, für konservativ halten – der Rückgang dürfte nach unserer Einschätzung deutlich drastischer ausfallen.
Dies ist kein technisches „SEO-Update“. Es ist ein strategischer Paradigmenwechsel im Informationsverhalten von B2B-Einkäufern. Bisherige Strategien, die primär auf Keyword-Dichte und Backlink-Volumen setzten, müssen grundlegend überdacht werden.
Die Evolution der Suchlandschaft: Welche Unterschiede bestehen zwischen SEO- und GEO-Ansätzen?
Um die richtigen strategischen Schlüsse zu ziehen, muss der Unterschied zwischen den beiden Modellen klar sein:
Die Folge für B2B-Unternehmen: Oberflächlicher „Me-too“-Content, der lediglich bestehendes Wissen neu formuliert, wird drastisch an Relevanz verlieren. Wenn die Antwort trivial ist, liefert die KI sie, ohne dass ein Klick auf eine Unternehmensseite erfolgt.
Sichtbarkeit erhält in diesem neuen Modell vor allem der, der von der KI als vertrauenswürdige Quelle für die Synthese der Antwort genutzt und zitiert wird. Dies signalisiert eine klare Abkehr von der alten Logik „Masse schlägt Substanz“.
Klassisches SEO (Search Engine Optimisation)
Fundament: Optimiert, damit eine Website von Crawlern gefunden werden kann
AEO (Answer Engine Optimisation)
Zitate: Optimiert, damit Inhalte als direkte Antwort verwendet werden können
GEO (Generative Engine Optimisation)
Acht Länder, acht unterschiedliche Marketing-Prozesse – vor dieser Situation steht Manpower. Die Folge: Uneinigkeit darüber, welche Leads Priorität haben, sowie erschwertes Benchmarking und Austausch über Best Practices.
Um internationale Vergleichbarkeit zu schaffen und Lernprozesse im Unternehmen anzuregen, will das nordeuropäische Marketing-Team um Projektleiterin Tina Hingston ein länderübergreifend konsistentes Lead Scoring und Reporting einführen. Dafür holt sie sich Unterstützung des Strategiepartners andweekly.
Von der herausfordernden und zeitaufwendigen Rekrutierung geeigneter Fachkräfte sind Unternehmen in vielen Branchen und Regionen betroffen. Das Ziel von Manpower ist es, dem Personalmangel weltweit mit innovativen Lösungen zu begegnen. Die ManpowerGroup mit Hauptsitz in den USA und Niederlassungen in rund 80 Ländern zählt zu den weltweit führenden Unternehmen in der Personalbranche.
Kerngeschäft ist die Vermittlung von Fachkräften aus zahlreichen Branchen an Unternehmen, die sich nicht mit zeitaufwendigen Rekrutierungsprozessen beschäftigen wollen. Darüber hinaus hilft Manpower, kurzfristige Personalengpässe zu überbrücken und Produktionsspitzen mit geeigneten Human Resources auf Zeit abzufedern. Zum Unternehmen gehören zahlreiche Tochterunternehmen – darunter auch der IT-Dienstleister Experis, den wir bereits bei seiner Marketing-Strategie unterstützt haben.

Die ManpowerGroup unterhält in jedem Land ein eigenes Marketing-Team, das individuelle Ansätze im Online-Marketing verfolgt. Zwar wurde HubSpot als All-in-one-Plattform für Marketing in den meisten Landesgesellschaften etabliert, doch das HubSpot-Knowhow und der hinterlegte Lead-Management-Prozess sind sehr unterschiedlich.
Das Problem bei Manpower: Die uneinheitlichen Marketing-Prozesse der Landesgesellschaften führen zu inkonsistenter Lead-Qualifizierung: Ein Lead, der in einer Landesgesellschaft als Sales Ready eingestuft wird, kann in einer anderen als Marketing Qualified Lead (MQL) eingestuft werden.
Daraus ergeben sich für Manpower folgende Herausforderungen:
Mangelnde Vergleichbarkeit. Unterschiedliche Definitionen und Prozesse machen es schwierig, die Leistung und Effektivität von Marketing-Aktivitäten zwischen verschiedenen Landesgesellschaften zu vergleichen. Ohne einheitliche Standards können sie Best Practices nicht identifizieren und erfolgreiche Strategien kaum replizieren.
Schwierigkeiten bei Zusammenarbeit und Kommunikation. Inkonsistente Definitionen führen immer wieder zu Missverständnissen und Fehlkommunikation zwischen Marketing- und Vertriebsteams, insbesondere wenn diese länderübergreifend zusammenarbeiten.
Verpasste Verkaufschancen. Unterschiedliche und nicht immer optimale Definitionen von MQLs und SQLs bewirken, dass Mitarbeitende bestimmte Leads unter- oder überschätzen. Falsche Prioritäten in der Lead-Bearbeitung kosten wiederum wertvolle Ressourcen.
Standardisierung der Marketing-Automatisierungsprozesse für eine nahtlose Customer Journey in den verschiedenen Manpower-Landesgesellschaften
Entwicklung homogener Dashboards auf globaler Ebene zur einheitlichen Erfassung, Analyse und Vergleich der Performances von Marketing-Kampagnen
Optimierung der CRM-Strategie durch Implementierung von Best Practices für Lead-Erfassung, -Qualifizierung, -Scoring und Reporting mithilfe des HubSpot Marketing Hub
Erzielung von Effizienzgewinnen durch Reduzierung von Inkonsistenzen zwischen den Landesgesellschaften
Erhöhung der Transparenz zwischen den Landesgesellschaften hinsichtlich Lead-Generierung, Lead-Qualität und Marketing-Performance zur Verbesserung der Entscheidungsfindung und Performance
Die Reaktion auf diese Veränderung darf nicht in isolierten Taktiken bestehen. Es geht nicht um ein „entweder/oder“. Die zukünftige Sichtbarkeit im B2B-Bereich basiert auf einem integrierten System aus drei Säulen:
KI-Modelle können Informationen brillant aggregieren und neu formulieren. Was sie nicht können: Originäre Expertise, eigene Markterfahrung oder einzigartige, primäre Daten generieren.
In einem Markt, der mit KI-generierten Inhalten geflutet wird, wird die menschliche, nachweisbare Expertise zum wichtigsten Differenzierungsfaktor. Eine starke KI-Content-Strategie ist daher vor allem eine Human-Expertise-Strategie.
Das strategische Ziel verschiebt sich also: Es geht nicht darum, „Content für KI“ zu schreiben. Es geht darum, „Content von echten Experten“ so aufzubereiten, dass die KI ihn als beste und vertrauenswürdigste Antwort erkennt, priorisiert und zitiert.
Wie übersetzen Marketing-Verantwortliche dieses Drei-Säulen-Modell in eine anwendbare Strategie? Es geht um eine methodische Neuausrichtung, nicht um kurzfristige Hacks.
Marketing-Teams sollten analysieren: In welchen Nischenthemen ist das Unternehmen bereits die unangefochtene Quelle? Wo sitzen die echten, menschlichen Subject Matter Experts (SMEs)? Die Ressourcen sollten auf den Ausbau dieser „Autoritäts-Cluster“ fokussiert werden, statt zu versuchen, in jedem Thema mittelmäßig sichtbar zu sein.
Die Jagd nach einzelnen Keywords wird weniger effektiv. Stattdessen sollten thematische Cluster aufgebaut werden, die alle relevanten Fragen einer Zielgruppe zu einem komplexen Problem (z.B. „Implementierung einer Zero-Trust-Architektur“) definitiv und tiefgehend beantworten.
Antworten müssen für Maschinen lesbar sein. Dies erfordert eine saubere technische Auszeichnung (Structured Data). Die Implementierung von Schema-Typen wie FAQ-Page, Article, Author (um Experten zu verknüpfen) und Organisation ist die „Sprache“, die Answer Engines verstehen.
Maßnahmen der Generative Engine Optimisation umfassen:
Eine starke, von der KI zitierte Antwort wirkt nicht nur am Anfang des Kaufprozesses (Awareness). Sie baut Vertrauen in jeder Phase der Customer Journey auf – von der ersten anonymen Recherche bis zur Verhandlungs- und Kundenbindungsphase.
Was ist der Hauptunterschied zwischen AEO und GEO?
AEO (Answer Engine Optimization) ist primär inhaltlich-technisch. Es geht darum, wie Inhalte strukturiert sind (z.B. klare Antworten, Schema Markup), damit eine KI sie als Antwortbaustein nutzen kann. GEO (Generative Engine Optimisation) ist strategisch. Es geht darum, warum die KI einer Marke vertrauen sollte (z.B. Autorität der Experten, Primärdaten, Reputation). AEO sorgt für Lesbarkeit, GEO für Glaubwürdigkeit.
Wie messe ich den ROI einer AEO- oder GEO-Strategie, wenn Klicks unwichtiger werden?
Der Fokus der Messung verschiebt sich. Statt reinen Klicks und Rankings werden neue Metriken wichtiger: „Share of Voice“ in KI-Antworten, Anzahl der Zitierungen als Quelle (Branded Search Volume), Qualität der generierten Leads (da Nutzer besser vorinformiert sind) und die Konversionsraten von Inhalten, die als Autoritäts-Pfeiler dienen.
Wie fange ich an, AEO/GEO in meiner bestehenden Content-Strategie umzusetzen?
Der erste Schritt ist ein Audit. Identifizieren Sie Ihre stärksten „Autoritäts-Cluster“ und die wichtigsten Fragen Ihrer Kunden. Beginnen Sie damit, diese Inhalte für AEO zu optimieren und die Autoren (SMEs) dieser Inhalte für GEO sichtbarer zu machen.
Welche B2B-Content-Formate eignen sich am besten für eine AEO/GEO-Strategie?
Besonders geeignet sind Formate, die komplexe Fragen definitiv beantworten und Expertise demonstrieren: Tiefgehende Pillar Pages, „Was ist“-Glossarbeiträge, Whitepaper mit Primärdaten (z.B. eigene Studien), detaillierte „How-to“-Anleitungen und Inhalte, die klar die Erfahrung von Fachexperten widerspiegeln.
Welche Rolle spielen Subject Matter Experts (SMEs) noch, wenn KI Inhalte schreiben kann?
Ihre Rolle wird wichtiger denn je. KI kann aggregieren und formulieren, aber nicht innovieren oder authentische Erfahrung einbringen. SMEs sind die Quelle für die originären Analysen, Meinungen und Primärdaten, die KI-generierten Content als austauschbar entlarven. Sie sind der Kern der GEO-Strategie.
Die KI-gestützte Suche ist keine kurzfristige Modeerscheinung, sondern eine stabile Weiterentwicklung des Informationszugangs. B2B-Unternehmen, die jetzt weiter primär auf die alte SEO-Logik (Ranking, Keyword-Volumen, Masse) setzen, riskieren strategische Nachteile und den Verlust ihrer digitalen Sichtbarkeit.
Die Argumentation für das C-Level muss klar sein: Es wird nicht mehr nur in „Content“ investiert, sondern in „digitale Autorität“. In einem Umfeld, in dem Basis-Informationen von der KI kostenlos und sofort geliefert werden, wird nachweisbare, zitierbare Autorität zum zentralen Differenzierungsmerkmal und zum wichtigsten Treiber für Vertrauen.
Die Aufgabe für B2B-Marketer ist es nicht, die KI auszutricksen. Die Aufgabe ist es, die eigene Marke und die eigenen Experten zur unumgänglichen, verlässlichsten Antwort im Markt zu machen. Das erfordert einen konsequenten Fokus auf Substanz.
Quellen
¹ Gartner (2024): "Gartner Predicts Search Engine Volume Will Drop 25% by 2026, Due to AI Chatbots and Other Virtual Agents"