Warum bleibt die Pipeline leer, obwohl Marketing mehr Content produziert, mehr Kanäle bespielt und mehr Tools einsetzt als je zuvor? Der lineare Funnel bildet nicht ab, wie B2B-Käufer heute entscheiden. Sie bewegen sich über durchschnittlich 10 Touchpoints, beziehen 22 Stakeholder ein und springen zwischen Phasen.¹
Das Szenario ist bekannt: Marketing generiert Leads, der Vertrieb beklagt die Qualität, am Quartalsende fehlt Pipeline. Der Grund liegt nicht in mangelnder Kompetenz. Er liegt in einem überholten Modell.
Die Funnel-Logik setzt sequenzielle Phasen voraus: Awareness, Consideration, Decision. Die Realität sieht anders aus. Potenzielle Kunden nutzen gleichzeitig verschiedene Kanäle.¹ Sie recherchieren eigenständig. Sie beziehen durchschnittlich 22 Stakeholder ein – 13 intern, 9 extern.² Entscheidungen fallen in Buying Groups, nicht durch Einzelpersonen.
Ein typisches Beispiel: Der CFO lädt ein Whitepaper herunter, während die IT-Leiterin parallel eine Demo bucht. Der Einkauf vergleicht Preise im Self-Service-Portal. Drei Stakeholder, drei Kanäle, keine lineare Phase. Der Funnel kann das nicht abbilden.
Der lineare Funnel ist mehr als ungenau. Er verhindert das Verständnis dieser Prozesse. Marketing zählt MQLs. Währenddessen läuft die Pipeline leer.
Lineare Funnels basieren auf einer Annahme: Kaufphasen verlaufen sequenziell und vorhersagbar. Die Realität zeigt etwas anderes. B2B-Käufer nutzen parallel verschiedene Kanäle. Sie springen zwischen Phasen. Sie interagieren über durchschnittlich 10 Kanäle – von Websites über Videokonferenzen bis zu E-Procurement-Portalen.¹
Dabei zeigt sich ein bemerkenswertes Muster: Je ein Drittel der Käufer bevorzugt persönliche, remote oder digitale Self-Service-Interaktionen.¹ Diese „Rule of Thirds“ gilt unabhängig von Branche, Land oder Unternehmensgröße.
Der Fokus auf MQLs führt damit zwangsläufig zu einer falschen Ressourcenallokation. Nur 21 % der Marketing-Leader fokussieren auf Buying Groups und Opportunity Management.³ Dabei kommen 73 % des B2B-Umsatzes von Bestandskunden – nicht von neuen Leads.²
Das zentrale Problem: Reach (Reichweite) wird mit Influence (Einfluss) verwechselt. Ein Touchpoint mit hoher Reichweite beeinflusst nicht automatisch Kaufentscheidungen. Einfluss entsteht erst dort, wo Attention, Relevance und Trust zusammenkommen.⁴
Konkret bedeutet das: Unternehmen investieren in Kanäle mit hoher Sichtbarkeit – LinkedIn Ads, SEO, Events – ohne zu wissen, welche Touchpoints tatsächlich Opportunities voranbringen. Pipeline-Wachstum entsteht durch Einfluss, nicht durch Impressions.
Was Unternehmen mit Funnel-Logik riskieren
Acht Länder, acht unterschiedliche Marketing-Prozesse – vor dieser Situation steht Manpower. Die Folge: Uneinigkeit darüber, welche Leads Priorität haben, sowie erschwertes Benchmarking und Austausch über Best Practices.
Um internationale Vergleichbarkeit zu schaffen und Lernprozesse im Unternehmen anzuregen, will das nordeuropäische Marketing-Team um Projektleiterin Tina Hingston ein länderübergreifend konsistentes Lead Scoring und Reporting einführen. Dafür holt sie sich Unterstützung des Strategiepartners andweekly.
Von der herausfordernden und zeitaufwendigen Rekrutierung geeigneter Fachkräfte sind Unternehmen in vielen Branchen und Regionen betroffen. Das Ziel von Manpower ist es, dem Personalmangel weltweit mit innovativen Lösungen zu begegnen. Die ManpowerGroup mit Hauptsitz in den USA und Niederlassungen in rund 80 Ländern zählt zu den weltweit führenden Unternehmen in der Personalbranche.
Kerngeschäft ist die Vermittlung von Fachkräften aus zahlreichen Branchen an Unternehmen, die sich nicht mit zeitaufwendigen Rekrutierungsprozessen beschäftigen wollen. Darüber hinaus hilft Manpower, kurzfristige Personalengpässe zu überbrücken und Produktionsspitzen mit geeigneten Human Resources auf Zeit abzufedern. Zum Unternehmen gehören zahlreiche Tochterunternehmen – darunter auch der IT-Dienstleister Experis, den wir bereits bei seiner Marketing-Strategie unterstützt haben.

Die ManpowerGroup unterhält in jedem Land ein eigenes Marketing-Team, das individuelle Ansätze im Online-Marketing verfolgt. Zwar wurde HubSpot als All-in-one-Plattform für Marketing in den meisten Landesgesellschaften etabliert, doch das HubSpot-Knowhow und der hinterlegte Lead-Management-Prozess sind sehr unterschiedlich.
Das Problem bei Manpower: Die uneinheitlichen Marketing-Prozesse der Landesgesellschaften führen zu inkonsistenter Lead-Qualifizierung: Ein Lead, der in einer Landesgesellschaft als Sales Ready eingestuft wird, kann in einer anderen als Marketing Qualified Lead (MQL) eingestuft werden.
Daraus ergeben sich für Manpower folgende Herausforderungen:
Mangelnde Vergleichbarkeit. Unterschiedliche Definitionen und Prozesse machen es schwierig, die Leistung und Effektivität von Marketing-Aktivitäten zwischen verschiedenen Landesgesellschaften zu vergleichen. Ohne einheitliche Standards können sie Best Practices nicht identifizieren und erfolgreiche Strategien kaum replizieren.
Schwierigkeiten bei Zusammenarbeit und Kommunikation. Inkonsistente Definitionen führen immer wieder zu Missverständnissen und Fehlkommunikation zwischen Marketing- und Vertriebsteams, insbesondere wenn diese länderübergreifend zusammenarbeiten.
Verpasste Verkaufschancen. Unterschiedliche und nicht immer optimale Definitionen von MQLs und SQLs bewirken, dass Mitarbeitende bestimmte Leads unter- oder überschätzen. Falsche Prioritäten in der Lead-Bearbeitung kosten wiederum wertvolle Ressourcen.
Standardisierung der Marketing-Automatisierungsprozesse für eine nahtlose Customer Journey in den verschiedenen Manpower-Landesgesellschaften
Entwicklung homogener Dashboards auf globaler Ebene zur einheitlichen Erfassung, Analyse und Vergleich der Performances von Marketing-Kampagnen
Optimierung der CRM-Strategie durch Implementierung von Best Practices für Lead-Erfassung, -Qualifizierung, -Scoring und Reporting mithilfe des HubSpot Marketing Hub
Erzielung von Effizienzgewinnen durch Reduzierung von Inkonsistenzen zwischen den Landesgesellschaften
Erhöhung der Transparenz zwischen den Landesgesellschaften hinsichtlich Lead-Generierung, Lead-Qualität und Marketing-Performance zur Verbesserung der Entscheidungsfindung und Performance
Das Growth Circle-Modell ersetzt die lineare Funnel-Logik. Es basiert auf zwei Kernelementen: Markenidentität als strategisches Fundament und Kundenerlebnis als kontinuierlicher Prozess – über alle Lifecycle-Phasen. Presales, Pipeline, Postsale.
B2B-Käufer zeigen vier zentrale Verhaltensweisen: Streaming (Konsum von Video- und Audio-Content), Scrolling (Durchsuchen von Social Media und Feeds), Searching (aktive Recherche) und Shopping (Self-Service und E-Commerce).⁴ Diese Verhaltensweisen treten nicht sequenziell auf. Sie laufen parallel und iterativ.
Das Modell nutzt „Influence Maps“ statt starrer Phasen. Influence Maps zeigen, welche Touchpoints tatsächlich Kaufentscheidungen beeinflussen – nicht nur, wo Käufer sichtbar sind. Die vertikale Achse misst den Grad des Einflusses. Die horizontale bildet die Customer Journey ab, ohne künstliche Grenzen zwischen Phasen.
Der Nutzen für Pipeline-Wachstum: Unternehmen identifizieren die 20 % der Touchpoints, die 80 % der Opportunity-Progression treiben. Ressourcen fließen dorthin, wo sie Kaufentscheidungen tatsächlich beeinflussen – nicht dorthin, wo die meisten Impressions entstehen.
Integration statt Isolation: Das Growth Circle-Modell verzahnt Marketing, Vertrieb und Bestandskundenbetreuung über gemeinsame Ziele. Pipeline-Wachstum und Customer Lifetime Value ersetzen isolierte Metriken. Marketing erweitert seine Rolle über alle Opportunity-Lifecycle-Phasen hinweg.³
Die Kernunterschiede im Überblick
Die „Rule of Thirds“ ist universell. In jeder Phase der Customer Journey bevorzugt je ein Drittel der B2B-Käufer persönliche, remote oder digitale Self-Service-Interaktionen.¹ Diese Verteilung bleibt stabil – über alle Branchen, Länder und Unternehmensgrößen hinweg.
Mehr als die Hälfte der B2B-Käufer erwartet echte Omnichannel-Experience. Nicht nur verschiedene Kanäle. Nahtlose Übergänge zwischen ihnen. 51 % der Käufer wechseln den Anbieter, wenn diese Experience nicht gelingt.¹
E-Commerce ist zum umsatzstärksten Kanal geworden: 34 % der Einnahmen bei Unternehmen, die E-Commerce anbieten, stammen aus diesem Kanal.¹ Persönliche Sales-Interaktionen werden weniger wichtig. Besonders bemerkenswert: Die Bereitschaft, große Transaktionen über €500.000 digital oder remote abzuwickeln, ist stark gestiegen.
In der Praxis heißt das: Ein Buying Group-Member startet die Recherche im Webinar, konfiguriert das Produkt im Self-Service-Portal und bucht dann ein persönliches Gespräch mit dem Vertrieb. Die Daten aus allen drei Touchpoints müssen nahtlos zusammenlaufen – sonst beginnt der Vertrieb bei Null.
Erfolgreiche Unternehmen orchestrieren Journeys aktiv. Sie verstehen die Präferenzen ihrer Buying Groups. Sie identifizieren die einflussreichsten Touchpoints. Sie leiten Käufer nahtlos durch personalisierte Experiences – unabhängig vom Kanal.
Der Effekt auf Pipeline-Qualität: Opportunities, die über orchestrierte Omnichannel-Journeys entstehen, konvertieren schneller und mit höherer Wahrscheinlichkeit – weil alle Stakeholder die Informationen erhalten, die sie für ihre Entscheidung brauchen.
Der durchschnittliche B2B-Kauf involviert 22 Stakeholder – 13 interne Buying Group-Members und 9 externe Netzwerk-Mitglieder.² Marketing muss von der Lead-Generierung zu Buying Group Engagement übergehen.
Drei kritische Phasen strukturieren diesen Shift:
Nur 21 % der Marketing-Leader fokussieren derzeit auf diesen Shift.³ Die meisten bleiben bei Lead-basierten Modellen – obwohl die Buying Group-Komplexität stetig zunimmt. Erfolgreiche CMOs erweitern die Rolle des Marketings über den gesamten Opportunity Lifecycle. Sie arbeiten mit gemeinsamen KPIs: Customer Delight, Engagement und Pipeline-Velocity statt isolierter Metriken.
Was das für Wachstum bedeutet: Unternehmen, die Buying Groups statt Einzelleads adressieren, verkürzen Sales-Zyklen um durchschnittlich 30 % – weil alle Entscheider parallel die relevanten Informationen erhalten, statt sequenziell „aufgewärmt“ zu werden.
KI ist der entscheidende Enabler für personalisierte Ansätze im Growth Circle. Ohne KI-Unterstützung ist es praktisch unmöglich, für jede Customer Journey individualisierte Experiences zu skalieren.⁴
Die Zahlen zeigen den Trend: 19 % der B2B-Unternehmen implementieren bereits KI-Use Cases, weitere 23 % experimentieren damit.⁵ Wachstumsstarke Unternehmen (>10 % Revenue Growth) setzen zu 57 % auf KI.⁵ Datengetriebene Teams, die personalisierte Experiences mit KI kombinieren, haben eine 1,7-fach höhere Wahrscheinlichkeit, Marktanteile zu gewinnen.⁵
Wichtige Use Cases: Meeting Support, Smart Research Assistants (KI-gestützte Recherche-Tools) und Next-Best Action/Opportunity-Priorisierung. Die Wahrnehmung des Mehrwerts steigt mit dem Reifegrad: 45 % der anwendenden B2B-Unternehmen bewerten beispielsweise Smart Research Assistants als „extremely beneficial“ – versus 25 % bei Nicht-Nutzern.⁵
Entscheidend: KI benötigt robustes Datenmanagement. Erfolgreiche Unternehmen brechen Daten-Silos auf, vereinheitlichen Tech-Stacks und nutzen E-Commerce als Daten-Hub für nahtlose Customer Journeys.
Konkreter Impact auf Pipeline: KI-gestützte Next-Best-Action-Systeme zeigen dem Vertrieb in Echtzeit, welche Buying Group-Members als nächstes angesprochen werden sollten – und mit welchem Content. Das beschleunigt Opportunities und erhöht Close-Rates messbar.
Der traditionelle Funnel folgt sequenziellen Phasen (TOFU-MOFU-BOFU) mit klaren Übergabepunkten. Das Growth Circle-Modell bildet die Realität komplexer B2B-Kaufprozesse ab: Käufer bewegen sich parallel über durchschnittlich 10 Touchpoints. Buying Groups mit 22 Stakeholdern treffen Entscheidungen gemeinsam. 73 % des Umsatzes kommt von Bestandskunden. Der Circle integriert Presales, Pipeline und Postsale als kontinuierlichen Kreislauf mit gemeinsamen Metriken – statt isolierter Lead-Zahlen.
Statt MQLs und SQLs fokussieren erfolgreiche Unternehmen auf Opportunity-basierte Metriken: Pipeline-Velocity (Geschwindigkeit vom ersten Kontakt zum Abschluss), Buying Group Engagement (Anzahl aktiver Stakeholder pro Opportunity), Customer Lifetime Value, Opportunity-to-Close-Rate nach Buying Group-Größe, Cross-/Upsell-Rate bei Bestandskunden. Entscheidend ist die Integration von Marketing- und Sales-KPIs über den gesamten Lifecycle.
Die Identifikation kombiniert Intent Data (digitales Verhalten, das Kaufinteresse anzeigt), CRM-Analyse und Account-Based Intelligence (Account-basierte Datenanalyse). Moderne Plattformen analysieren digitales Verhalten auf Unternehmensebene, identifizieren aktive Researcher und mappen Entscheider-Strukturen. Wichtig: Buying Groups variieren je nach Produktkomplexität und Branche. Die Analyse historischer Abschlüsse zeigt typische Rollen und Touchpoint-Präferenzen pro Segment.
E-Commerce ist nicht nur Transaktionskanal. Es ist Daten-Hub und Influence-Multiplier. 34 % des B2B-Umsatzes werden bereits über E-Commerce generiert – selbst bei großen Transaktionen über €500.000.¹ Für komplexe Produkte dient E-Commerce als Self-Service-Portal: Produktkonfiguration, Preistransparenz, Nachbestellung. Entscheidend: Die nahtlose Integration mit CRM und Marketing Automation, um Buying Group-Aktivitäten zu tracken und den Vertrieb gezielt zu befähigen.
KI analysiert historische Touchpoint-Daten und korreliert sie mit Conversion-Events. Predictive Models zeigen, welche Touchpoint-Kombinationen zu Opportunity-Progression führen. Smart Research Assistants bewerten Content-Relevanz in Echtzeit. Next-Best-Action-Systeme priorisieren Interventionen basierend auf Buying Signals. Die Kombination aus datengetriebener Personalisierung und KI erhöht die Wahrscheinlichkeit für Marktanteilsgewinne um das 1,7-fache.⁵
Der lineare Funnel bildet nicht mehr ab, wie B2B-Käufer heute entscheiden. 22 Stakeholder, 10 Touchpoints, parallele Kanäle – diese Komplexität braucht integrierte Modelle, keine sequenziellen Phasen.
Das Growth Circle-Modell ist keine theoretische Alternative. Es ist die operative Antwort auf eine veränderte Realität. Kontinuierliche Kreisläufe statt sequenzieller Phasen. Buying Groups statt Einzel-Leads. Omnichannel-Orchestrierung statt isolierter Touchpoints. Pipeline-Fokus statt Vanity-Metriken.
Die Integration von Markenidentität als strategisches Fundament, Customer Experience über alle Lifecycle-Phasen und Technologie – insbesondere KI für Personalisierung at scale – schafft messbare Wettbewerbsvorteile. 57 % der wachstumsstarken B2B-Unternehmen setzen bereits auf diesen Ansatz.⁵
Die Konsequenz ist klar: Unternehmen, die heute noch in Funnels denken, verlieren morgen Pipeline an Wettbewerber, die in Circles denken. Der Shift ist keine Option mehr. Er ist Voraussetzung für nachhaltiges B2B-Wachstum.
Die Frage ist nicht, ob Unternehmen den Wechsel vollziehen. Die Frage ist, wann und wie schnell sie dabei sind.
¹ McKinsey & Company (2024): Five Fundamental Truths: How B2B Winners Keep Growing
² McKinsey & Company (2024): B2B Pulse Survey 2024; zitiert in Five Fundamental Truths
³ Forrester Research (2025): A B2B CMO's Imperative To Drive Growth: Champion Revenue Process Transformation
⁴ Boston Consulting Group (2025): It's Time for Marketers to Move Beyond the Linear Funnel
⁵ McKinsey & Company (2024): Gen AI Adoption and Impact Data; zitiert in Five Fundamental Truths